Leserbrief 22: Tote Jungvögel
Ich lebe seit 10 Jahren hier im Süden Chiles und habe auch vor kurzem ein Zebrafinkenpaar gekauft. Nach einiger Zeit erkrankte jedoch das Weibchen, und starb an einer Art Zyste unter dem Auge. Kurzum, wir besorgten ein neues Weibchen für den Witwer. Hier in Chile ist dies allerdings sehr schwer, denn niemand kennt sich mit den Vögeln aus, geschweige denn ein Tierarzt für Kleinvögel, den gibt es auch nicht.
Alles ging so gut, als die beiden anfingen ein Nest zu bauen (ohne Nistkasten, einfach mit Sisalfäden). Es sah ganz toll aus, und schon begannen wir zu hoffen, daß es bald Nachwuchs geben würde. Tatsächlich legte die Henne drei Eier, und daraus schlüpften auch bald die Jungen. Aber nach 2 oder 3 Tagen fand ich zwei davon tot am Boden und das dritte, das noch lebte, fand ich am übernächsten Tag ebenfalls tot am
Boden liegen. Meine Fragen lauten nun:
- Nachdem ich nicht wußte, daß die Vögel 2 Nester brauchen, nehme ich an, daß die Eltern die Jungvögel zerquetscht haben könnten.
- Oder hat es mit der Nahrung zu tun? Muß ich diese umstellen? Leider gibt es außer Körnern hier nicht sehr viel Auswahl, vielleicht könnten sie mir einen Tip geben.
Wir haben auch gehört, daß man eine Kokosnuß aushöhlen könnte, taten dies auch, aber die beiden flogen kein einziges Mal hinein.
- Nach dem Tod entfernte ich das Nest, und gab ihnen zwei gleiche Nester nebeneinander hängend hin in der Hoffnung, daß sie beide belegen werden.
- Da es hier in Chile keine Literatur über Vögel gibt, ließ ich mir von meinen Eltern Informationen senden. Aber in der Zwischenzeit passierte dies alles und jetzt bin ich etwas konfus.
- Eine letzte Frage hätte ich noch. Kann man Zebrafinken gemeinsam mit Kanarienvögel halten? (Selbstverständlich in einem dementsprechend großen Käfig oder besser einer Voliere).
Für ihre Hilfe und Antworten wäre ich Ihnen sehr dankbar.
Susanne Gutierrez, "cesar gutierrez" <gutierrez-kovacs@entelchile.net>
Es ist wirklich erstaunlich, wohin es Zebrafinken überall verschlagen hat. Aber man kann sie im Prinzip ja fast überall halten, solange man sie in einer geräumigen Innenvoliere hält und nicht einer unwirtlichen Witterung aussetzt.
Das geschilderte Problem ist mir bekannt allerdings nur von jungen, im Brutgeschäft noch unerfahrenen Vogeleltern. Wie alt sind denn die beiden Zebrafinken? Und: vertragen sie sich?
Daß die Eltern die Jungvögel zerquetscht haben könnten, glaube ich nicht. Es stimmt auch nicht wirklich, daß die Vögel zum Brüten zwei Nester brauchen, sie sollten zwei Nester lediglich zur Auswahl haben, damit sie im "besseren" der beiden brüten können und eines für die Jungen später in Reserve haben. (Vermutlich
ist das ähnlich wie bei uns Menschen: Wenn wir die Auswahl habe, sind wir von etwas viel mehr "überzeugt", als wenn es nur eine Wahl haben.)
Da junge Zebrafinken durch das Nest, in dem sie aufwuchsen geprägt werden, ist es sinnvoll, verschiedene Nester anzubieten. Zebrafinken sind allerdings, verglichen mit anderen Vögeln, in der Nistplatzwahl recht flexibel, sie haben ein weiteres Nistplatz-"Schema". Wenn Sie eine Kokosnuß aufhängen wollen, suchen Sie bitte ein ganz großes Exemplar aus! (Ein Bild finden Sie in meiner Zebrafinken-Website.)
Sie haben nicht geschrieben, welche Körner es in Chile zu kaufen gibt. Versuchen Sie, kleinkörnige Hirse zu bekommen, und lassen Sie für die Brut immer eine kleine Menge 12 Tage lang ankeimen. Dieses Keimfutter darf aber keinen Schimmel haben! Außerdem könnten Sie mal nach speziellem Aufzuchtfutter fragen.
Zebrafinken kann man im Prinzip auch mit Kanarienvögeln halten dazu lesen Sie bitte den entsprechenden Leserbrief in meiner Zebrafinken-Website.
Viele Grüße und alles Gute für Ihre Zebrafinken!
Hans-Jürgen Martin
Ich habe mich ehrlich gefreut, daß Sie mir mein Schreiben beantwortet haben. Es ist für mich eine enorme Erleichterung, jemandem zu befragen, der sich mit diesen Vögel auch auskennt. In der Zwischenzeit habe ich auch ihr Buch Zebrafinken erhalten, gelesen immer und immer wieder, und habe mir die wichtigsten Nahrungsprodukte herausgestrichen. Denn ich glaube, daß ich meine Beiden einfach zu einseitig fütterte.
- In der Zwischenzeit hat das Weibchen nach nur einem Monat, schon wieder ein Ei gelegt, welches ich zufällig beim Saubermachen entdeckte. Ist das nicht etwas zu bald?
- Kann man eine ständige Eiablage eigentlich verhindern?
- Sie fragten mich wie alt die beiden sind. Nun, das Männchen besorgten wir uns im Jänner diesen Jahres. Allerdings wußte der Händler auch nicht wie alt es sei. (Was hier ganz üblich ist, denn über Verkauf, Ankauf und Vogelhandel, gibt es keine Gesetze oder Normen, wir sind hier in Chile und nicht in Deutschland.) Das Weibchen ist wesentlich kleiner als er, deshalb nehme ich auch an, daß es sehr jung ist. Wir kauften es im Juli 99.
- Die Kokosnuß nahm ich schließlich ab, denn sie wollten sich einfach von ihrem alten Nest nicht trennen. Nach der letzten Geburt und Tod der Jungen, nahm ich es ganz auseinander und reinigte es gründlich, und setzte es wieder in den Käfig ein, worauf die beiden gleich eifrig zum Bauen begannen. (An Nistmaterial verwende ich Sisalfäden und Trockengras.)
- Leider kann ich zwar sehr gut Spanisch, aber ich kann die hiesigen Körnerarten nicht auf Deutsch übersetzen. Aber nach der Schilderung in ihrem Buch auf Seite 18, sind die Körner hier sogenannter Glanz. und Senegalhirse sowie kleine schwarze Körner, die glaube ich Raps heissen. Aber ich versuche soviel verschiedene Körner anzubieten, und auch die Eierschalen probierte ich aus, und sie waren ganz heiß darauf.
- Das mit dem Keimfutter hatte ich nicht so richtig verstanden. Wie keimt man die Samen an?
- Aufzuchtfutter, was enthält dieses? Kann ich ihnen kleine Insekten, natürlich frisch gefangen, anbieten? wie z. B. Ameise oder Fliege?
Ich glaube, das sind sehr viele Fragen, und mich würde es wirklich sehr freuen und natürlich auch sehr weiter helfen, wenn Sie mir diese beantworten könnten.
- Neben den Zebrafinken habe ich auch noch 2 Wellensittichpärchen und viele offene Fragen. Kennen Sie jemandem, der sich mit dieser Vogelart auskennt? Ich habe zwar Bücher, aber einige spezielle Fragen, auf die ich noch keine Anwort gefunden haben.
Nun gut, ich bedanke mich herzlich für ihre Aufmerksamkeit, und freue mich schon auf ihre Antwort.
Antworten:
- In der Zwischenzeit hat das Weibchen nach nur einem Monat, schon wieder ein Ei gelegt, welches ich zufällig beim Saubermachen entdeckte. Ist das nicht etwas zu bald?
Nach nur einem Monat ist nicht zu früh, aber das Weibchen könnte insgesamt noch zu jung sein.
- Kann man eine ständige Eiablage eigentlich verhindern?
Ja, indem Sie die echten durch Kunsteier aus Keramik oder Kunststoff ersetzen und die Tiere so lange brüten lassen, bis sie irgendwann merken, daß keine Jungen schlüpfen. Das ist speziell für das Weibchen viel schonender als nach ständige Nachglegen weiterer Gelege.
- Das mit dem Keimfutter hatte ich nicht so richtig verstanden. Wie keimt man die Samen an?
Z. B., indem man sie einen Tag lang mit Wasser bedeckt und dann je nach Umgebungstemperatur weitere 12 Tage in einer abgedeckten Schale auf Löschpapier aufbewahrt. (Die weißen Keimspitzen sollten gerade aus der Hirseschale herausschauen.) Viel eleganter ist allerdings die Verwendung eines speziellen Keimapparates, wie er vor allem durch die "Bio-Welle" in der menschlichen Ernährung bekannt geworden ist.
- Aufzuchtfutter, was enthält dieses?
Sog. Waffelbruch (zerbröselte Backwaren) und je nach Qualität mehr oder weniger viele getrocknete Insekten.
- Kann ich ihnen kleine Insekten, natürlich frisch gefangen, anbieten? wie z. B. Ameise oder Fliege?
Ja, allerdings nehmen Zebrafinken viel weniger animalische Kost als andere Prachtfinken. Ein Stückchen hartgekochtes Ei, in Aufzuchtfutter oder zerriebenen Zwieback und etwas fein geriebene Möhre zerdrückt, ist ein sehr guter Ersatz!
- Neben den Zebrafinken habe ich auch noch 2 Wellensittichpärchen und viele offene Fragen. Kennen Sie jemandem, der sich mit dieser Vogelart auskennt? Ich habe zwar Bücher, aber einige spezielle Fragen, auf die ich noch keine Anwort gefunden haben.
Internet- und eMail-Adressen sowie Literaturangaben finden Sie in meiner neuen Website www.vogelhaltung.de.
Viel Erfolg mit Ihren Vögeln!
Hans-Jürgen Martin